22. Oktober 2020, 10 – 14 Uhr
Vielen Dank an die Künstlerin Dr. Catherine Lorent für ihren Vortrag Strategien für ein sinnliches Gesamtkunstwerk und die Arbeitsbesprechungen mit unseren Teilnehmer*innen innerhalb des Studioprogrammes am BAI | Kunstschule, Kunstinkubator, Artist in Residence und Live Onlinekurse & -klassen in Berlin.
„Installation, Zeichnung, Malerei, Performance – Strategien zur Überwindung der Mediengrenzen
Meine Arbeit kombiniert Malerei, Zeichnung und Skulptur mit Performance, Musik, Architektur und Theaterinszenierungen zu visuell und akustisch aufgeladenen Installationen und beschäftigt sich mit einem erweiterten barocken Kunstkonzept, das die Widersprüche der modernen westlichen Lebensweise aufdeckt und dialektisches Denken in Frage stellt. In meinen musikalischen Projekten wie Gran Horno, in denen ich gleichzeitig als bildende Künstlerin und Multiinstrumentalistin tätig bin, verkörpert sich dieser multidisziplinäre Ansatz, der auf den ersten Blick dem aktuellen Trend zu „Eventausstellungen“ zu entsprechen scheint. Ich arbeite daran, komplexe Barockstrategien für ein sinnliches Gesamtkunstwerk in die Gegenwart umzusetzen. Inspiriert oder verführt von seinen Formen, seiner Symbolik, werden die Zuschauer oft durch seine partizipativen Komponenten ermutigt, ihrer eigenen Kreativität freien Lauf zu lassen und auf die Werkidee mit einer subjektiven Neuinterpretation zu reagieren, wie sie in der Installation – Relegation – im Luxemburger gezeigt wurde Pavillon auf der 55. Biennale von Venedig. Mehrere monumentale Papierarbeiten an den Decken des Pavillons werden kombiniert mit Musikinstrumenten – Konzertflügel und E-Gitarren -13 Gibson Explorer -, die an ein elektromagnetisches Steuersystem angeschlossen sind, begleitet von Performance. Meine künstlerischen Aussagen schreibe ich ein beispielsweise in Apotheosis Ba-Rock (Bild), wobei ich mich unter anderem an hochbarocken Thesenblätter orientiere, die Disputationen an (meist jesuitischen) Universitäten ankündigten. In seiner Blütezeit konnte dieses Grafikgenre, das wenig bekannt ist, weil es weithin als angewandte Kunst angesehen wird, auf zwei Meter hohe Blätter gedruckt werden – eine Größe, die meine Werke sogar noch übertreffen. Als romantische Utopie, die Kunst im Zusammenspiel von Architektur, bildender Kunst, Musik und Performance zum Leben erweckt, trat das Konzept des Gesamtkunstwerks im 18. Jahrhundert in die Phase der ästhetischen Diskussion ein.
Inhalt und Fokus
In meinem Seminar am Berlin Art Institute untersuche ich die Zusammenhänge zwischen dem Gesamtkünstler als multidisziplinärer Künstler und dem Gesamtkunstwerk als Konstellation, inszeniert durch Strategien zur Überwindung der Grenzen der einzelnen Medien. Neben der Präsentation barocker Kunstwerke schlage ich einige Beispiele für das Nachleben der Romantik vor, sei es in der Wiener Secession oder auch in den expressionistischen Architekturphantasien von Bruno Taut. Das Bauhaus, das die mittelalterliche „Bauhütte“ als Vorbild gewählt hatte, verfolgte die Idee einer ästhetischen Gestaltung von die Umwelt als utopisches neues Gesellschaftsverständnis. Als Harald Szeemann 1983 die Ausstellung “Der Hang zum Gesamtkunstwerk” eröffnete, waren die dort präsentierten Utopien weit verbreitet; seine Anwendbarkeit und Wünschbarkeit erschien fraglich. Mit Hilfe von Manifesten, theoretischen und historischen Schriften wird das Konzept des Gesamtkunstwerks im Austausch mit den Studierenden – in der Diskussion und in ihren Ateliers – auf seine Relevanz untersucht und überprüft.“ (Text: Courtesy Dr. Catherine Lorent)
Weitere Informationen auf der Catherine Lorent & Gran Horno Webseite.